Donnerstag, 29. März 2012

Teil 99

'Piep, piep, piep, piep...'
Ich öffnete meine Augen. Viele Ärzte mit Mundschutz- und Kopfbedeckungen sahen mich an. „Wir haben es geschafft!“, rief der Chefarzt. Ein Jubelschrei füllte den ganzen Raum. „Willkommen zurück!“

Bastis Sicht:

Ich hatte meine Augen geschlossen und wartete. Wartete auf eine Neuigkeit von den Ärzten. Hattet ihr schon einmal so viel Angst um eine Person, ohne die ihr nicht leben könntet? Ich wollte noch einmal ihr Lachen hören, in ihre wundervollen Augen sehen, ihre Lippen spüren und ihr zeigen, wie sehr ich sie doch liebe. Ich seufzte und öffnete wieder meine Augenlider. Die weißen Wände konnte ich wirklich bald nicht mehr sehen, so wie dieses grelle Licht! Und einen Spiegel auffinden, kam für mich jetzt nicht in Frage! Ich werde wohl genauso aussehen, wie ich mich fühlte – beschissen!
Uhr, hör auf zu ticken, verdammt! Dein Geräusch geht mir mächtig auf den Sack!
Jubelschrei schallte durch die weißen Gänge  vor dem OP-Saal. Der Blick von Sams Mutter wanderte hin und her. Wo kam das her? Aus ihrem Raum? Hoffnung breitete sich in jeder einzelne Zelle meines Körpers aus. Sie musste einfach Leben! Sie musste!
Marie und ich standen gleichzeitig auf und liefen den Gang entlang. Eric interessierte uns gerade nicht. Er saß auf dem Boden und hatte die Augen geschlossen. Trotzdem war ich daran schuld, dass Sam nun hier drin lag. Hätte ich doch niemals die scheiß Tür aufgestoßen! Es wäre alles gar nicht passiert! Wir warteten vor der Tür, aus der kein einziges Geräusch kam. Ich bildete mir ein ihre Stimme gehört zu haben, aber diesen Gedanken verdrängte ich gleich wieder.
Die Klinke wurde nach unten gedrückt und kurz darauf stand der OP-Arzt vor uns, der das ganze sofort in die Wege geleitet hatte. Ich kam mir schon leicht bescheuert vor wie wir ihn anstarrten, als wäre er ein Fisch oder als hätte er ein Popel im Gesicht hängen. Aber alles was wir wollten war nun endlich wissen, was mit ihr ist!
„Frau Layer, Herr Wurth, ich kann Ihnen sagen, dass alles nach Plan verlief. Ich wollte gerade zu Ihnen kommen und Ihnen mitteilen, dass Sie nun zur ihr gehen können. Sie wird aber höchstwahrscheinlich schlafen, sie braucht jetzt etwas Ruhe. Folgen Sie mir bitte.“
Sie lebt, sie lebt, sie lebt, sie lebt, sie lebt …
Wie auf Kommando liefen wir beide ihm hinterher, nur waren unsere Schritte ab und zu schneller als die vom Chefarzt. Und dann sah ich sie. Mit geschlossenen Augen und Geräten um sie herum. „Sie hat zum Glück nicht so viel Blut verloren, dass wir ihr durch eine Infusion ein anderes übertragen hätten müssen. Jedoch musste ihr Blut verdünnt werden“, sprach der Arzt weiter. Aber genau zuhören konnte ich nicht. Ich sah auf Sam, wie sie da lag. So zerbrechlich und hilflos. Mir stiegen Tränen in die Augen. Es tut mir alles so leid, Sam! Ich wollte das nicht...
Marie stand schon neben ihrem Bett, das später in Sams Zimmer gebracht wird. Ihr liefen schon die Trauertränen den Wangen hinunter. Oder eher vielleicht Freudentränen, in diesem Fall. Ich kann da alles nicht mit ansehen!!
Schon lief ich, nein, ich rannte aus diesem Raum. Ich wollte sie niemals so sehen! Nicht wegen mir! Es war mir egal, ob mir die Leute hinterher sahen, als wäre ich ein Bekloppter! „Schatz, bleib hier!“
Woher kam die Stimme? „Bleibe bitte bei mir... Ich weiß sonst nicht, was ich...“ Jetzt versagte die bekannte Stimme von Sam. Bin ich jetzt total bescheuert? Wieso höre ich sie dauernd? Ich drehte mich dort hin, wo ich herkam. Ja, ich glaube ich sollte bei ihr bleiben. Ich muss ihr helfen. Aber was ist, wenn sie mir Vorwürfe macht? „Komm her und gib mir deine Hand, Schatz!“ Ok, ok, ich geh wieder zurück. Ich kann sie doch nicht einfach im Stick lassen. Sie war immer da, wenn ich jemanden zum Zuhören brauchte, sie hat mir jedes Mal verziehen, wenn ich Scheiße gebaut hatte.
Nun stand ich wieder neben ihr. Ihr Gesicht war entspannt. Sams Mutter war kurz rausgegangen um frische Luft zu schnappen. Langsam strich ich über die Wange meiner schlafenden Freundin, die eine leichenblasse Farbe hatte. Aber neben ihr, auf dem Monitor, zeigte der Puls regelmäßige Schläge an. Die andere Hand, verschränkte ich mit ihren Fingern. Sie waren nicht kalt, nein. Sondern warm. Angenehm warm. „Ich liebe dich Sam, es tut mir so leid“, murmelte ich und gab ihr einen Kuss auf ihren rauen Lippen.

Sams Sicht:

Langsam wachte ich auf. Au! Mein Bauch tat immer noch weh. Langsam machte ich die Augen auf. Ich nahm nur Umrisse wahr, dann gewöhnte sich meine Netzhaut an meine Umgebung. Ich lag nun in einem Krankenzimmer, das erkannte ich an der Einrichtung. Mein Blick wanderte durchs Zimmer. Dann bemerkte ich erst die braunen zerzausten Haare, die am Bettrand lagen. Leicht spielte ich mit ihnen, nachdem ich meine Arme bewegen konnte. Ein Lächeln konnte ich mir nicht verkneifen. Wie süß er da lag mit geschlossenen Lider und ruhigem Atem. Aber meine Kraft ließ wieder nach. Es war doch noch zu anstrengend für mich. „Schatz? Hey, aufwachen...“, wisperte ich. Da mein Hals kratzte, fing ich daraufhin an zu husten. Au! Au! Immer wieder stach es in meinen Bauch. Wahrscheinlich durfte ich nicht einmal lachen, wetten? Ich spürte eine kalte Hand auf meiner Stirn, dessen Handfläche runter zu meiner Wange glitt, nachdem ich den Hustanfall nicht stoppen konnte. „Pscht“, zischte Basti, „Alles wird wieder gut!“
Nach wenigen Sekunden hatte ich kein Kratzen mehr im Hals, wodurch ich ihn dann endlich ansehen konnte. Er sah gar nicht gut aus. Seine immerzu roten Backen waren nun blass und seine Augen gerötet. „Es tut mir so leid...“, begann er. „Dir muss nichts leid tun, Basti. Du hast keine Schuld an irgendetwas.“ Das Sprechen gelang mir nur halb so gut. Tief einatmen ging auch nicht, der Bauch würde sich zu sehr ausdehnen. „Doch, hätte ich die Tür nicht aufgestoßen, dann... dann würdest du jetzt nicht hier liegen, keine Schmerzen haben und-“ Ich hielt ihm einfach den Mund zu. Ich wollte nicht, dass er Schuldgefühle hatte. „Legst du dich bitte zu mir?“, fragte ich dann nach einer Weile, nachdem ich sicher sein konnte, dass er nicht weiter sprechen würde. Stumm nickte er und kroch zu mir ins Bett. Drehen konnte ich mich allerdings auch nicht, also drehte ich meinen Kopf in seine Richtung. „Basti?“ - „Mhm?“ - „Danke!“ - „Für was?“ - „Danke dass du da bist und mich nicht alleine gelassen hast...“ Und schon schlief ich wieder ein. Diesmal an der Seite meines Freundes. Doch davor konnte ich noch ihn weinen hören: „Ich liebe dich.“

Freitag, 23. März 2012

98 - Bangen

Mit aufgerissenen Augen starrte ich in die Gesichter der anderen Personen, dann zu dem Fleck, auf den alle Blicke gerichtet waren. Meine Hand umfasste den Griff des Messers und mein Atem wurde langsamer. 'Lass es nicht so enden...' Langsam glitt ich die Wand hinunter, bis ich nichts mehr wahrnehmen konnte...

Ich konnte Schritte hören. Viele Schritte, die hektisch hin und her rannten. Stimmen. Sie riefen sich Anweisungen zu. Aber was genau, wusste ich nicht. Das grelle Licht brannte durch meine Augenlider. Dann war noch dieser Geruch. Medizinischer Geruch, oder besser gesagt: der Geruch von kranken Leuten. Jetzt spürte ich kalte Hände an meinem Kopf, die ihn hochhoben. Mir wurde etwas um die Nase und dem Mundbereich gelegt. Schon strömte ein komischer Kaugummigeruch durch meine Atemwege. 'Piepsen. Dieses Piepsen nervt! Stellt es ab!' Ich wollte meinen Körper bewegen, doch gleich spürte ich den schmerzhaften Stich an meinem Bauch. 'Macht, dass es aufhört! Es tut so weh!' Jede einzelne Bewegung verursachte ein Ziehen am Mutterleib. Ein Stich an meiner Hand. Sie pumpten mir eine Flüssigkeit in die Ader. 'Au! Es tut weh!' Mir war es zum Weinen zumute. Es drehte sich auf einmal alles. 'Was passiert mit mir?!'


Bastis Sicht:

Die weißen Wände um mich herum machten mich Wahnsinnig! Sams Mutter und ich warteten bereits seit drei Stunden. Ihr flossen die Tränen über die Wangen. Auch Eric war hier, jedoch stand er mehrere Meter abseits von uns. Hände in seine Hosentasche vergraben und starren Blick auf den Boden.
Tick – Tack – Tick – Tack – Tick – Tack …
Es war totenstill. Nur das Ticken der Uhr konnte ich hören – und die hing schon zehn Meter von mir entfernt. 'Was würde ich machen, wenn sie … Halt! Soweit darf ich nicht einmal denken!' Wütend stand ich auf, lief einige Schritte hin und her. 'Und ich Vollidiot wollte die Tür aufbrechen, jetzt weiß ich, was ich davon habe! Das ist alles nur meine Schuld!'
„Ah!“, schrie ich laut auf und boxte gegen die Wand, die ich dann langsam hinunter glitt. 'Wieso war ich nur so dumm?' Mein Körper war taub. Ich saß da wie ein kleines Elend. Ich wollte nicht wissen, wie ich jetzt aussah. Mit meiner Handfläche wischte ich mein Gesicht trocken. 'Bitte Sam, halte durch! Ich liebe dich... Es tut mir so leid!' Es vergingen weitere zwei Stunden, oder doch drei? Ich sah schnell hoch zur Uhr. 'Doch nur zwanzig Minuten...' Ich rappelte mich wieder auf, auch wenn ich keinerlei Kraft in meinen Beinen, geschweige denn im ganzen Körper empfand. Schritt vor Schritt. Ich kam an dem Saal an, wo Sam hinein geliefert wurde. 'OP-Saal' stand groß darüber. Plötzlich wurde die Tür aufgeschoben. Eine junge Ärztin rannte in das gegenüberliegende Zimmer. Mit einem Defibrillator (http://realdoctorstu.files.wordpress.com/2011/01/defibrillator-paddles.gif) huschte sie allerdings wieder an mir vorbei. Die Tür ging langsam zu. Ich versuchte natürlich etwas zu erkennen. Das einzige was ich hörte, war ein durchgehendes Piepsen. 'Nein... Das darf nicht sein...!'


Sams Sicht:


„Macht dieses verdammte Licht aus!“ Ich hielt die Hand vor meinen Augen um nicht von den unbekannten Strahlen geblendet zu werden. 'Woher kam das Licht?' Überall wo ich hinsah, war es ziemlich grell. Ich erkannte nicht einmal, ob ich in einem Raum stand. Alles war in einer Ebene. Keine Wände, nichts! Nur das Weiße. 'Wo bin ich hier?' Gleichmäßige Schritte näherten mich. „Samantha, schön dich zu sehen! Nimm deine Hand runter, deine Augen haben sich schon daran gewöhnt.“ Ich kannte die Stimme nicht, dennoch war sie mir mehr als vertraut. Ein großer schlanker, dennoch muskulöser Mann stand vor mir. 'Er kommt mir ziemlich bekannt vor.' „W-Wo bin ich u-und wer sind Sie?“, fragte ich stotternd. Die weißen Zähne blitzten hinter seinen Lippen hervor, als er leicht lachte. So wie der ganze Raum, trug auch er einen weißen Anzug. Seine grünen Augen glichen die von meinen, auch die Haare hatten die selbe Farbe, wie die von mir. Dieser fremde Mann, den ich noch nie gesehen hatte und trotzdem diese Geborgenheit ausstrahlte, ging einige Schritte auf mich zu. Ich weichte nicht zurück. Ich hatte keine Angst vor ihm. Dann nahm er mich in den Arm. „Endlich kann ich dich spüren, worauf ich mich damals immer gefreut hatte. Mein eigenes Kind einmal bei mir zu haben...“ Ich hatte mich also doch nicht geirrt. „Dad...“, bekam ich nur flüsternd heraus, da sich Tränen in meinem Augen sammelten. Er antwortet nicht, sondern strich mir sanft über die Haare. „Wo bin ich eigentlich?“, ich sah ihn erwartungsvoll an, „B-Bin ich...?“ Mein Vater schüttelte mit seinem Kopf. „Aber wieso bin ich dann hier?“
„Ich wollte dir etwas erklären... Komm, wir laufen ein Stück!“ So folgte ich ihm eine Weile, bis er anfing zu reden.


Bastis Sicht:


Versteinert stand ich vor der Tür. Meine Augen weit aufgerissen. „Das kann nicht sein. Scheiße!“ Das letzte Wort schrie ich den langen Gang entlang. Ich konnte hier nicht mehr sein. Ich musste hier raus! Sofort! Panisch sah ich mich um. 'Wo ist hier der verdammte Ausgang? Wie sind wir hier überhaupt reingekommen?!“ In dem Moment wusste ich einfach nichts mehr. Ein großes Blackout fand in jeder einzelnen Zelle meines Gehirns statt. Ich konnte von Glück sprechen, dass ich wenigstens noch wusste, wie man läuft! Meine Schritte kamen an Eric und Sams Mutter vorbei. Sie sahen mich perplex an. Natürlich: Sie haben vorhin von nichts mitbekommen. Sie wussten nicht, dass sie vielleicht tot ist! Vor mir war ein eine Glastür. 'Da muss ich lang!' Doch als ich den ersten Schritt machen wollte, zog sich mein Herz zusammen. 'Was war das?' Ich hielt meine Hand auf meine linke Brust. Noch einmal setzte ich mein Vorhaben weiter, aber mit jedem weiteren Schritt tat es mehr weh. „Basti, geh nicht! Ich brauche dich!“
'Sam?! Wo bist du?' Keine Antwort. 'Sam?' „Bleib hier. Wenn du jetzt gehst, schaff ich das nicht...“ Ich hörte sie weinen. 'Ich bleibe hier, versprochen... Ich lasse dich nicht im Stich. Niemals!'


Sams Sicht:

„Also heißt es, du musstest damals von uns gehen?!“ Mein Körper zitterte. „Ich fand, es war die beste Entscheidung. Lieber gebe ich mein Leben her, anstatt das von dir und der Frau, die ich über alles liebe – deine Mutter. Ich hatte keine andere Wahl.“
„Weißt du, wie oft sie wegen dir noch weint?! Jeden Abend höre ich im Nebenzimmer sie Schluchzen!“ Jetzt liefen mir wieder die Tränen. „Mach mir bitte keine Vorwürfe...“ Ich legte meinen Kopf in den Nacken. „Mache ich doch gar nicht! Ich kann es nur nicht ertragen...“
„Aber bitte, du musst es verstehen! Ich wollte nicht, dass ihr und dir etwas zugestoßen wäre. Ich hätte natürlich mit ihr noch viele weitere Jahre erleben wollen, dich großziehen, euch trösten wollen, wenn es euch schlecht ging.“ - „Ich glaube dir, Dad.“  - „Danke!“
Wieder lagen wir uns in den Armen. Es war toll, seinen Vater vor einem stehen zu haben. Irgendwann sagte er: „Die Zeit ist abgelaufen. Du musst wieder gehen.“ - „Wohin?“ - „Zurück, deine Mam braucht dich, Basti auch. Schau wie sie im Gang auf eine positive Antwort warten.“ Neben mir erschien ein Bild. Meine Hand presste ich gegen meine Lippen. 'Sie sehen so verletzt aus...'
„Es war schön, dich getroffen zu haben! Pass auf deine Mutter gut auf!“ Ich lächelte meinem Dad zu. „Mach ich, ganz bestimmt!“ - „Sag ihr, dass ich sie über alles liebe. Ich beschütze euch. Ich werde immer da sein, wenn ihr mich braucht, auch wenn ihr mich nicht sehen könnt. In euren Herzen werde ich immer bleiben.“
Nun war eine Tür neben mir. „Danke. Jetzt weiß ich, was vorgefallen ist...“ Noch einmal umarmten wir uns. „Geh schon, sonst kommst du dahin, wo ich jetzt auch zurückkehren muss.“ Ich lief auf die weiße Tür zu. Ich drehte mich um, sah sein Grinsen. Das ganze Bild, was ich noch vor paar Sekunden sehen konnte, verschwamm.

'Piep, piep, piep, piep...'
Ich öffnete meine Augen. Viele Ärzte mit Mundschutz- und Kopfbedeckungen sahen mich an. „Wir haben es geschafft!“, rief der Chefarzt. Ein Jubelschrei füllte den ganzen Raum. „Willkommen zurück!“

Sonntag, 18. März 2012

97 - 'Lass es nicht so enden...'

Ich konnte meinen Gedanken nicht aussprechen, denn eine Stimme unterbrach mich, die ich nur zu gut kannte. Sein gehässigtem Ton ließ mir den Angstschweiß auf meiner Stirn ausbrechen: „So sieht man sich wohl wieder... Samantha!“

„W-W-Was...“ Meine Augen wurden größer. Die Angst durchfuhr jede einzelne Ader in mir. Er kam einen Schritt auf mich zu, den ich ausweichen wollte, doch hinter mir ging es nicht weiter. Erics Hand hielt meinen Mund zu. Tränen stießen mir in die Augen. Dann kam er ganz langsam näher: „Ich habe gesagt, dass du mich noch so schnell los wirst. Du gehörst mir und das bleibt auch so!“ Die Tür der Toilette wurde aufgeschlossen. Schnell war Eric wieder einige Schritte von mir weg, doch ich war nicht in der Lage, mich zu bewegen. Als die zierliche Frau verschwunden war, packte er mein Handgelenk, schubste mich auf das enge Klo und schloss hinter uns ab. Am liebsten hätte ich geschrien, aber mir fehlte die Stimme. 'Basti, Mama! Helft mir!' Auf einmal hatte er ein Tuch in seiner Hand, das er einrollte. Und schon hatte ich es zwischen meinen Zähnen. Natürlich versuchte ich mich davor zu wehren, aber es gelang mir nicht. Meine Hände zappelten wild umher. Seine blauen Augen strahlten den Hass und die Rache aus. „Du musst jetzt nur das tun, was ich von dir verlange...“ Ich hörte nicht darauf, sondern fing an zu brüllen., Schon bekam ich den ersten Schlag gegen meine Wange. Danach noch auf die andere und wieder auf die von vorhin. „Sei still!“ Meine Haut fing an zu brennen. Kraft hatte ich in mir nicht mehr. Eric fing nun an an seinem Hosengürtel herumzufuchteln. Ich erkannte es nur im Augenwinkel. 'Vor paar Minuten war ich noch glücklich, und jetzt? Jetzt wird wieder alles wieder ruiniert... Mach es doch! Zerstöre mein ganzes Leben! Wahrscheinlich habe ich das verdient! Dann kann ich doch gleich von hier verschwinden!' Seine kalten Hände berührten mein Oberteil, was er mir über den Kopf weg riss. Dann war meine Hose fällig. Immer mehr Tränen flossen über meine Wange. Ich strampelte mit meinen Fußen weiter. Eric packte mich an den Haaren und schlug meinen Kopf immer weiter auf die Kloschüssel ein.  Ich spürte das Blut von meiner Stirn laufen. 'Helft mir doch …' Eric machte weiter. Meine Hose war nun nicht mehr an meinen Beinen.
Auf einmal pochte es laut an der Tür. „Bitte machen Sie die Tür auf!“ Eric stoppte sein weiteres Vorhaben. Er zischte mir entgegen: „Mach ja kein Mucks! Sonst kannst du was erleben!“ Dann sprach er zu der Person an der Tür: „Was gibt es denn?“ - „Es kommen hier ziemlich komische Geräusche heraus, ist alles in Ordnung?“ - „Tut mir leid, ich habe mir öfter den Kopf angestoßen, ist aber halb so wild...“
„Sam? Sam bist du da drinn?“ 'Mama? Wo bist du? Hilf mir!' „Es tut mir leid, aber da ist keine Mädchenstimme zu hören“, widersprach ihr die männliche Stimme von draußen. „Ich merke doch, wenn meiner Tochter etwas zugestoßen ist! Sie ist immer noch nicht zurück gekehrt!“ Ein mehrfaches Hämmern war an der Tür zu hören. „Sam, wenn du da drin bist, bitte gib ein Zeichen von dir!“
Genervt zischte Eric: „Hier ist keine Sam!“
„Macht sofort auf! Ich hab Eric gesehen! Bitte!“ 'Schatz, ich habe Angst...' Bastis Stimme drang durch die Toilettentür. 'Er ist da...' Langsam konnte ich wieder Wärme in meinem Körper spüren. Die Stärke kehrte wieder zurück, von meinem Zeh, bis über meine Beine und schließlich in meine Arme. „Basti?“, versuchte ich zu schreien, aber alles was raus kam, war ein Krächzen. Ich holte noch einmal tief Luft. 'Drei, zwei, eins...' „Basti!!!“ Eric packte mich und schlug mir auf die Nase. Kurz darauf war auch diese Stelle blutüberströmt. „Sei still!“
Die Tür fing an zu beben. Jemand versuchte sie aufzubrechen. Nun waren auch auf Erics Stirn Schweißperlen abgebildet. Seine Augen wanderten zwischen mir und der Tür hin und her. Er zog jetzt ein mittellanges Messer aus seiner rechten Hosentasche. „Nein! Eric, bitte!“, wimmerte ich. Draußen wurde nach Hilfe geschrien und hysterisch gegen die Tür getreten. „Du hast mich hinter Gitter gebracht! Dann soll ich wenigstens durch deinen Tod da hinter sitzen...“ Langsam kam Eric auf mich zu. Ich rappelte mich so gut es ging die Wand auf. Das Messer war nur noch wenige Zentimeter von meinem Bauch entfernt. „Hör auf, bitte!“, schrie ich panisch. „Du solltest an meiner Seite sein, nicht an seiner! Verdammt, ich liebe dich!“ Er strich sich mit zitternden Händen durch sein Haar. „Oder ich bring uns beide um...“ - „Bitte Eric, lass das! Ich kann doch nichts dafür...“ - „Du kannst nichts dafür?! Du hast dich in einen anderen Typen verknallt!“ Seine Finger konnten nicht mehr still bleiben. Das Messer wackelte und es kam immer näher. „Ich habe vielleicht Fehler gemacht, aber ich konnte nicht von deiner Seite weichen, du warst immer so glücklich... Ich habe es geliebt, wenn du gelacht hast, wenn deine Augen so wunderschön gestrahlt haben...“ - „Eric, bitte lass es! Wir können doch nichts mehr daran ändern!“
Die Tür wurde immer lockerer. Immer wieder rannten mehrere Personen dagegen. „Es tut mir leid Eric... Es war einfach damals alles zu viel für mich, das musst du verstehen!“ Ich reichte ihm zögernd die Hand. „Ich will nicht, dass wir als Feinde auseinander gehen. Und ich kann dir vielleicht nicht das geben, was du von mir wünscht. Aber das alles ist doch kein Menschenleben wert! Du sollst dein Leben nicht weiter ruinieren, als es eh schon ist. Vielleicht kommen wir eines Tages als gute Freunde aus...“ Sein Blick ruhte auf meiner Hand. Langsam erhob er seine rechte, um sie mir zu geben. Jedoch war das Messer trotzdem noch sehr nah an mir. „Ja, vielleicht hast du Recht...“
Bevor sich unsere Handflächen trafen, wurde die Tür aufgebrochen, wodurch Eric  auf mich geschubst wurde. Ich spürte einen Schmerz an meinem Mutterleib. Mit aufgerissenen Augen starrte ich in die Gesichter der anderen Personen, dann zu dem Fleck, auf den alle Blicke gerichtet waren. Meine Hand umfasste den Griff des Messers und mein Atem wurde langsamer. 'Lass es nicht so enden...' Langsam glitt ich die Wand hinunter, bis ich nichts mehr wahrnehmen konnte...

Freitag, 16. März 2012

96 - eine bekannte Stimme

Morgen sollte der letzte Tag sein, dann müssten meine Mutter wieder zurück nach Wipperfürth.
Wir wussten, dass dieser Abend unvergesslich sein wird. Ich wollte ihm noch einmal zeigen, wie sehr ich ihn liebte. „Ich liebe dich!“, sagte ich noch, bevor ich ihm mich endgültig in seinem Zimmer hingab.

Durch die Rillen von den Jalousien drang das Tageslicht hindurch. Verschlafen strich ich mir mit meinen Händen über die Augen. Ich wollte mich gerade wälzen, als ich die zwei Arme, die um meinen nackten Körper geschlungen waren, bemerkte. Hinter mir sank und hob sich ein Brustkorb regelmäßig. Ich versuchte mich aus der Umarmung zu befreien, in der Hoffnung, Basti würde nicht aufwachen. Doch ehe ich mich aufgesetzt hatte fing er an zu Brummen. Schnell hielt ich den Atem an und stoppte mein Vorhaben unter die Dusche zu springen, doch dann atmete er wieder ruhig.
Schnell ließ ich das warme Wasser über mein Körper laufen, trocknete meine Haare und schminkte mich. Ich trat mit einem Handtuch um meinen Körper wieder zurück ins Zimmer. Doch als ich meinen Kopf hochhob stand ein verschlafener Basti vor mir: zerzauste Haare, schmale Augen, in denen er versuchte, den Schlaf weg zu reiben, ohne T-Shirt und blau-weißer Boxershorts. Auf seinen Lippen lag ein kleiner Schmollmund, der aber danach zu einem Lächeln überging. Er nahm meine Hände in seine und zog mich zu sich, bis wir uns einen leidenschaftlichen Kuss gaben. „Morgen...“, murmelte ich noch mit geschlossenen Augen, während ich ihn etwas von mir weg drückte. Meine rechte Hand verweilte auf seiner Brust. Ein Schmunzeln war seinerseits wahrzunehmen und ehe ich mich versah, drückte er mir einen Wangenkuss auf und verschwand wie ich vorhin, hinter der Badezimmertür. Kurz darauf hatte ich meine Kleidung über mich gezogen. Ich zog die Jalousien auf, sodass das Zimmer erhellt wurde. Dann sah ich auf die Uhr. 'In drei Stunden würde ich wieder zurück fliegen...', dachte ich mir. Ein warmer Atem war an meinem Nacken zu spüren, dann wurde ich auch schon von Basti in den Arm genommen. „Danke“, flüsterte er sanft in mein Ohr. Verwundert sah ich ihn an. Er grinste nur leicht, strich meine Wange und vollendete seinen Satz: „Danke, dass du hier her gekommen bist!“
Die restlichen Stunden verbrachten wir mit Kuscheln, Streicheln und zum Schluss: Kofferpacken! Mit schwerem Herzen zog ich diese große Tasche in die Lobby. Nachdem meine Mutter uns aus gecheckt hatte, wurden unsere Koffer in ein Taxi geladen. Dann stiegen wir in das Auto. Basti saß neben mir. Er musste erst am späten Nachmittag ein Interview geben, sodass er sich dafür bereit erklärte, mitzufahren. In seinem Gesicht lag eine Anspannung. Schon fast so, als hätte er Angst. Ich streichelte seine Handfläche, bis er meine Finger in seine verschränkte. Er versuchte ein Lächeln, auch wenn er wusste, dass es ihm nicht gelingen würde. „Hier sind wir!“, rief der Taxifahrer und zu und somit stiegen wir aus. Der Flughafen sah von außen noch größer aus. Meine Mutter lief schon zu dem nächsten Schalter um die Tickets einzulösen, während Basti und mir der Abschied immer näher kam. Wir sahen uns einfach nur in die Augen. Dann konnte ich einfach nicht mehr anders, ich ließ den Koffer los und umarmte ihn stürmisch. Er drückte mich mit seinen Armen näher an sich. Mein Kopf ruhte auf seiner Schulter, während die Tränen sich einen Ausgang suchten. Basti wog mich langsam hin und her. Er spürte, dass ich weinte. „In vier Tagen bin ich wieder bei dir. Fast jeden Tag, ok?“ Er hatte sich von mir gelöst und wischte mir die wenigen kleinen Tränen von meiner Wange. Ich bekam nur ein kleines Nicken zustande.
„Sam? Wir müssen los...“ Die Stimme meiner Mutter ließ mich erschauern. Sie ging auf Basti zu und umarmte ihn: „Hab noch wundervolle Tage hier! Ich freue mich, wenn du wieder öfter bei uns bist!“ Ein Lächeln überfuhr das Gesicht meines Freundes. „Werde ich sicher haben! Und danke, dass Sie Sam hier hergebracht haben.“ Meine Mam winkte nur selbstverständlich ab, dann wandte sie sich zu mir: „Ich bring unsere Koffer noch schnell weg. Dann müssen wir leider schon los.“ Ich nickte ihr zu und dann war sie zwischen der ganzen Menschenmasse verschwunden. „Dann heißt es wohl Abschied nehmen“, murmelte Basti vor sich hin. „Sag dieses Wort nicht! Das hört sich an, wie: 'Wer weiß, wann wir uns wieder sehen!'“ Dabei knickte ich meine bei beiden Händen den Mittel- und den Zeigefinger ein. Er lachte nur laut und legte seinen Kopf in seinen Nacken. Der Aufruf für meinen Flug durchdrang die ganze Halle. Basti breitete seine Arme weit auf, in denen ich mich einfach hineinfallen ließ. „Dann bis in vier Tagen.“ Ich nickte an seiner Brust. Noch einmal roch ich an seinem Duft, dann lagen unsere Lippen zärtlich aufeinander, aber auch vermischt mit einer gewissen Traurigkeit. „Ich liebe dich, Sam...“ - „Ich dich auch. Rufst du mich heute nochmal an?“ - „Ja mach ich! Guten Flug, Süße!“ - „Danke! Dir wünsche ich viel Spaß bei dem Interview heute, wo eh wieder die selben Fragen gestellt werden“, zwinkerte ich ihm zu. Er schüttelte nur grinsend den Kopf. „Jetzt geh, sonst verpasst du den Flieger! Los!“ Und schon rannte ich an den vielen Menschen vorbei. Meine Mam stand schon geduldig an dem Schalter. Noch einmal drehte ich mich zurück. Basti sah mir immer noch hinterher, jedoch war er nun von lauter jungen Mädchen umzingelt. Dann wurde ich von meiner Mutter mitgerissen, bis er aus meinem Blickfeld verschwunden war.

Wir ließen uns wieder auf unsere Sitze fallen. „Wann starten wir?“, fragte ich. „Soviel ich weiß in 15 Minuten, wieso?“ - „Ich muss noch schnell auf die Toilette!“ Und schon sprang ich auf und lief den schmalen Gang entlang. 'Verdammt, sie ist besetzt...', fluchte ich innerlich. Ungeduldig tippte ich mit meiner Fußspitze auf den Boden. Mein Blick war pausenlos auf die Tür gerichtet. „Kann sich die Person nicht-“ Ich konnte meinen Gedanken nicht aussprechen, denn eine Stimme unterbrach mich, die ich nur zu gut kannte. Sein gehässigtem Ton ließ mir den Angstschweiß auf meiner Stirn ausbrechen: „So sieht man sich wohl wieder... Samantha!“

Mittwoch, 7. März 2012

95 - "Komm einfach mit!"

Er wollte gerade aus dem Zimmer stürmen, als er sich dann doch noch einmal umdreht und mir einen längeren Kuss gab. „Heute Abend, 20 Uhr, hier! Zieh dich toll an. Ich hole dich dann ab! Ich liebe dich!“
Peng! Schon war die Tür zu und ich saß alleine in meinem Zimmer.

Es war nun 17:30 Uhr. Gerade saß ich in der heißen Badewanne, in der ich mich entspannt zurücklehnte. Es klopfte an der Tür: „Kleine, mach dich langsam fertig, sonst muss Basti noch auf dich warten!“ Meine Mutter schmunzelte, während sie versucht mich aus dem warmen Wasser zu scheuchen. Irgendwann schaffte ich es doch. Nachdem ich meine Unterwäsche an hatte sah ich an mir hinunter. 'Wie kann Basti mich nur so mögen?' Ich drehte mich einmal im Kreis. 'Dicke Oberschenkel, zu dicken Hintern, zu viel Fett an meinem Bauch...' Ich ließ kein einziges Körperteil aus. An jedem hatte ich etwas auszusetzen. Das dunkelblaue Kleid hing an der Badezimmertür in einer Folie eingepackt. Meine Mam und ich hatten es heute Nachmittag gekauft. Den Stoff zog ich kurze Zeit später über mich. Jetzt betrachtete ich mich im Spiegel, seufzte aber danach gleich. Das Kleid reichte mir bis kurz über meine Knien. Meine Haare band ich zu einem geflochteten Seitenzopf zusammen. Da sie lockig waren, hingen einige Haarsträhnen hinaus.
Es ist schon eine halbe Stunde vergangen. Wieder klopft es an der Tür und meine Mutter lurrte durch den Türspalt. „Na wie weit … Sam?! Du siehst wunderschön aus!“ Sie strahlte über beide Ohren und bewunderte mich. „Äh, ja... Danke Mam!“
'Sie muss es ja sagen, sie ist meine Mutter!', dachte ich mir, nachdem sie aus der Tür verschwunden war. Ich drehte mich wieder zu meinem Spiegelbild, um mir meine Augen mit Kajal und Eyeliner nach zufahren. Fertig! 'Wird schon schief gehen...'
Dann zog ich mir noch meine weißen Schuhe an, dazu noch eine passende Handtasche. Dass es mir nicht zu kalt wurde – was im Dezember sehr gut möglich sein konnte – schlüpfte ich in meine schwarze Strickjacke. Ich sah auf die Uhr. 19:53 Uhr. Mein Herz fing an schneller zu schlagen...
'Klopf, Klopf!'
Ich zuckte schlagartig zusammen. 'Basti...', schoss es mir durch den Kopf, als die Uhr nun 20:03 Uhr zeigt. Ich drückte die Türklinke nach unten. Mit blieb fast der Atem weg. Er stand da, gegen den Türrahmen gelehnt und lächelte mich verliebt an. Es war mir klar, dass die Röte in mein Gesicht stieg. „Nicht rot werden...“, schmunzelte Basti, nachdem er meine Wangen gesehen hatte. Verlegen drehte ich mich um, doch er packte mein Handgelenk und zog mich zurück zu seiner Brust, die von einem edlem Anzug überzogen war. „Du siehst perfekt aus...“, flüsterte er nah an meinem Ohr, dann fuhren seine Lippen meinen Wangen entlang, bis sie bei meinem Mund anhielten und mir dort einen zärtlichen Kuss schenkten.
„W-Wohin gehen wir eigentlich?“, murmelte ich hypnotisiert. Mein Blick wendete sich nicht von seinen Lippen, die gerade zu einem Grinsen übergingen. „Komm einfach mit!“

Das große schwarze Auto, das leicht wie eine Limousine aussah, fuhr die Straße entlang, dann war es schon um die Ecke gebogen. Ich wusste immer noch nicht, wo genau wir waren. Aber als ich meinen  Kopf hob, wurden meine Augen groß. „Du bist doch echt verrückt!“ Zwei Arme schlangen sich um meinen Bauch und ich spürte weiche Lippen an meiner rechten Wange. „Nein, bin ich nicht. Komm! Ich hab Hunger!“ Er packte meine Hand und lief los. Schon waren wir in dem noblem Restaurant. Der Boden war mit rotem Teppich ausgerollt, die Vorhänge abwechselnd weiß und goldig. In dem riesigem Raum saßen schon einige Leute, von denen man ausgehen konnte, dass sie von gutem Hause stammten. Ich musste schlucken und beugte mich danach zu Basti rüber. „Du? Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, mit mir hier rein zu gehen...“ Mein Freund sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an: „Wieso nicht?“ - „Ich blamiere mich sicher!“ - „Nein wirst du nicht!“ Wieder lächelte er mich selbstsicher an. 'Wenn er meint...'
Wir wurden dann schließlich zu einem Tisch begleitet, der etwas abseits von allen anderen stand. Besser gesagt: wir waren in unseren „eigenen vier Wänden“. Die Tischplatte war mit weißen Kerzen und Rosenblättern verziert, dazu noch eine goldene Tischdecke. Mir blieb die Spucke im Mund, ich konnte mich nicht mehr bewegen. „Das … das ...“ Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. Es fiel mir schwer, die Freudentränen zu unterdrücken. „Bitte setzen Sie sich!“ Der Butler zeigte schräg mit der Handfläche auf meinen Stuhl, den er schon herausgerückt hatte. Dann ließ ich mich langsam nieder, während er den Stuhl wieder nah an den Tisch schob. Schnell bedankte ich mich noch bei ihm. Auch Basti nahm nun gegenüber von mir Platz. Dann bestellten wir unsere Getränke und kurz danach auch noch unser Essen, das gleichzeitig vornehm auf unsere Plätze serviert wurde.
„Du starrst“, lächelte mich mein Freund bis über beiden Ohren an. Sofort schreckte ich hoch. „Sorry...“, murmelte ich schließlich, nachdem ich eine Gabel in meinen Mund schob. 'Verdammt schmeckt das geil!' Auch Basti schien es zu schmecken, denn er schob sich immer wieder das Essen zwischen seine Lippen.

„Hör auf!“, schrie ich, als Basti mich auf einmal von hinten durch kitzelte. Es war schon halb elf am Abend. Die Laternen brannten schimmernd über den breiten Fluss. Draußen war es ziemlich kalt geworden. Ich unterdrückte die Kälte, die durch meine Strickjacke drang und an meinen nackten Beinen haften blieben. „Nein werde ich nicht!“ Immer weiter wanderten seine Finger umher. Mir stiegen schon die Lachtränen in meine Augen. „Warum?!“ Nun spürte ich seine Brust direkt an meinem Rücken. Er hatte aufgehört. Seine Arme schlangen sich wieder um meinen Bauch. Zwischen uns lag nun kein einziger Millimeter mehr. „Weil ich dein Lachen so sehr liebe...“, flüsterte er ganz leise. Der Wind ließ einige Haarsträhnen durch die Luft fliegen. Alles in mir fing an zu kribbeln. Ich drehte mich nun zu Basti um und legte meine rechte Hand auf seine Wange. „Ich glaube ich hätte es niemals so lange ohne dich ausgehalten“, sprudelten meine Worte einfach so hinaus. Zu sehr war ich in seine Augen versunken. Ich sah, wie seine weißen Zähne während dem Sprechen hinaus blitzten, aber hören tat ich nichts. Mit meinen Fingern strich ich sanft über seine Lippen. Was ich nicht bemerkte war, dass ich selbst auf meine untere biss. Basti beugte sich zu mir vor, aber anstatt mich zu küssen, flüsterte er an mein Ohr: „Kann ich pissen gehen?“
Ich schubste ihn von mir weg. „Du hat die ganze Stimmung versaut!“ Meine Arme verschränkte ich gespielt beleidigt vor meiner Brust. „War doch nur Spaß...“, nuschelte er, dann setzte er seinen Dackelblick auf. Immer noch mit zusammen gekniffenen Augen sah ich ihn an. Auf einmal war ich in der Luft. Basti hob mich auf seine Arme und lief weiter. „Lass mich runter!“ Nebenbei strampelte ich mit meinen Füßen. „Hör du auf so hysterisch mit deinen Beinen zu treten!“ Ich streckte ihm einfach die Zunge raus und machte weiter, bis ich auf einmal kalten Boden (grüne Wiese) unter mir spürte und Basti lachend auf mich drauf fiel. Seine Arme stützten ihn neben meinem Kopf ab. Irgendwann verebbte seine Stimme und wir sahen uns wieder nur in die Augen. Meine Finger spielten in seinen Haaren herum und er hatte nun sein Gewicht auf meinen Körper gelegt – so gut wie. „Ist dir kalt?“, flüsterte er nun so zerbrechlich in die Nacht. Ich bekam nur ein kleines Nicken zustande. Er wollte sich wieder auf seine Beine stellen, als ich dann schließlich ihm am Sakko packte und ihn leidenschaftlich anfing zu küssen. Seine Hand rutschte unter mein Kleid, sodass er an meinem Oberschenkel auf und ab strich. Bastis Lippen saugten sich sanft an meinem Hals an, die langsam weiter hinunter glitten. „Basti? Nicht hier...“ Und schon hob er mich wieder hoch. Wir waren vielleicht nur fünf Minuten von unserem Hotel entfernt. Ich wollte ihn. Jetzt! Jetzt und nicht irgendwann anders! Morgen sollte der letzte Tag sein, dann müssten meine Mutter wieder zurück nach Wipperfürth.
Wir wussten, dass dieser Abend unvergesslich sein wird. Ich wollte ihm noch einmal zeigen, wie sehr ich ihn liebte. „Ich liebe dich!“, sagte ich noch, bevor ich ihm mich endgültig in seinem Zimmer hingab.

Freitag, 2. März 2012

94 - erste Nacht im Hotel

Aber was tut man nicht alles dafür, um die Person die man liebt, wieder zu sehen? Um das eigene Herz von seinen Sorgen zu befreien?
Ich hatte das Glück! Meine Mutter stand die ganze Zeit hinter mir. Sie hat mir das ermöglicht, wo ich die Hoffnung schon fast weggeworfen hatte...

„Gute Nacht euch beiden!“, verabschiedete sich meine Mutter von uns, als wir um halb zwei in der Nacht im Hotel ankamen und auf unsere Zimmer liefen. Vor meiner Tür drehte ich mich zu Basti um. „Dann mal gute Nacht...“ Mit einem leichten Grinsen nahm ich seinen Kopf in meine Hände und legte meine Lippen auf seine. Auch er bekam ein kleines Lächeln zustande. Ganz leise flüsterte er mit geschlossenen Augen: „Du willst mich also los werden und mich nicht bei dir schlafen lassen?“ Kaum hatte er diesen Satz zu Ende gesprochen, zog ich ihn langsam mit mir in mein Zimmer. Gleich darauf wurde ich von ihm gegen die Wand gedrückt. Sein Atem wanderte von meinem linken Ohr hinunter zu meinem Hals und hörte schließlich beim Schlüsselbein auf. Dann kam er meinem Gesicht wieder verdächtig näher. „Weißt du, wie sehr ich dich vermisst habe?“, flüsterte er kaum hörbar. Ich konnte nicht mehr sprechen. Zu sehr war ich auf ihn fixiert. Ständig wanderte mein Blick von seinen Augen zu seinen Lippen. Mit meinen Zähnen biss ich leicht auf seine Unterlippe und holte ihn wieder zurück zu mir. Während des Kusses stöhnte ich gegen sein breites Grinsen auf. Unsere Zungen kamen zu einem zärtlichen Kampf, bis Basti mich auf das Bett zusteuerte. Ich wollte gerade anfangen sein T-Shirt von seinem Körper abzustreifen, als er meine Hände dann festhielt. „Süße, du wirst mich jetzt vielleicht hassen, aber ich bin hundemüde. Können wir nicht schlafen gehen?“ Erst jetzt merkte ich, wie sehr auch ich unter der Müdigkeit litt. Ich nickte nur stumm, stand auf und suchte mir meine Schlafsachen heraus. Das Oberteil war schon über meinem Kopf verschwunden. Irritiert sah er sich im Raum um und strich sich am Nacken mit seiner Handfläche hin und her. „Na geh schon und komm mit deinen Sachen wieder!“ Mit einem Lächeln verschwand er hastig hinter der geschlossenen Tür, die zum Gang hinausführte. Schnell putzte ich noch meine Zähne und kämmte meine Haare, dann kuschelte ich mich gähnend in das große Doppelbett. Auf einmal wackelte es ruckartig auf der anderen Seite, wodurch ich aus meinem Halbschlaf aufwachte. Kurz darauf spürte ich zwei Arme, die sich fest um mich schlangen. Bastis Geruch stieg mir wieder einmal in meine Nase. „Basti?“ - „Mhm?“ - „Ich liebe dich...“ Meine Stirn bekam kurz seine Lippen zu spüren. „Ich dich auch. Danke, dass du hier bist!“
Ich nickte nur noch stumm, dann fiel ich auch schon ins Land der Träume.

Ein schrilles Klingeln ließ mich aufschrecken. Auch Basti drehte sich verschlafen zu seinem Nachttisch, wo die Melodie herkam. „Hallo?“, murmelte er ganz leise. Auf einmal riss er seine Augen schlagartig auf. „Was? Äh, ja ich bin … Ich komm gleich. Gib mir 10 Minuten, dann bin ich unten.“
Hysterisch sprang er vom Bett auf, fluchte immer wieder, während er seine Klamotten im Raum aufsammelte, die er gestern mit zu mir genommen hatte. Nach wenigen Sekunden hafteten sie an seinem ganzen Körper, dann war er auch schon im Bad verschwunden, aus dem er nach 3 Minuten wieder heraus rannte. Seine Haare sind so gut es ging 'gerichtet'. Er wollte gerade aus dem Zimmer stürmen, als er sich dann doch noch einmal umdreht und mir einen längeren Kuss gab. „Heute Abend, 20 Uhr, hier! Zieh dich toll an. Ich hole dich dann ab! Ich liebe dich!“
Peng! Schon war die Tür zu und ich saß alleine in meinem Zimmer.